Kontrovers diskutiert wurde die im Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 vorgesehene Abschaffung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung. Eine Aufhebung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO wurde nun vom Bundesrat abgelehnt. Ebenso schaffte es die angedachte Klarstellung zur politischen Betätigung steuerbegünstigter Organisationen nicht in das frisch verabschiedete Jahressteuergesetz 2024. Stattdessen enthält das Gesetz die Einführung des Zwecks der Wohngemeinnützigkeit sowie eine Anpassung bei der Rücklagenbildung.
Bundesrat lehnt Abschaffung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung ab
Mit Stellungnahme vom 27.09.2024 lehnte der Bundesrat die im Referentenentwurf vorgesehen Abschaffung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung ab. Der Bundesrat führt in seiner Stellungnahme aus, dass eine Abschaffung zu Rechtsunsicherheiten sowohl bei den steuerbegünstigten Organisationen als auch auf Seiten der Finanzverwaltung führen würden, da dann jeweils im Einzelfall zu prüfen wäre, ob ein Verstoß der tatsächlichen Geschäftsführung gegen das Selbstlosigkeitsgebot vorliegt, weil die Körperschaft keine oder zu wenig Mittel für satzungsgemäße Zwecke verwendet hat.
Ebenso sei die gesellschaftliche Anerkennung der Steuerbefreiung gefährdet, wenn die unbegrenzte Vermögensbildung nicht eingeschränkt werde. Denn es käme es zu einem Auseinanderfallen der Zeitpunkte der Steuerentlastung bei Spendern auf der einen und der Gemeinwohlförderung, die die Rechtfertigung für die Steuerbefreiung darstellt, auf der anderen Seite. Wenn das Gemeinwesen auf gegenwärtige Steuereinnahmen verzichtet, dann erwarte es auch eine gegenwärtige oder zumindest gegenwartsnahe Förderung des Gemeinwohls.
Stattdessen schlug der Bundesrat zum weiteren Bürokratieabbau eine Erhöhung der bisherigen Betragsgrenze nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 Satz 4 AO auf 80 000 Euro vor.
Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2024: Einführung der Wohngemeinnützigkeit und Anpassung der Rücklagenbildung
Das Jahressteuergesetz 2024 wurde nun am 05.12.2024 verkündet und enthält die Einführung des Zwecks der Wohngemeinnützigkeit sowie eine Klarstellung des maßgeblichen Zeitpunkts bei der Rücklagenbildung – eine Revolution des Gemeinnützigkeitsrechts bleibt damit (vorerst) aus.
Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke des § 52 Absatz 2 Satz 1 AO wird um die Wohngemeinnützigkeit ergänzt. Hierunter ist die vergünstigte Wohnraumüberlassung an Personen zu verstehen, die im Sinne des § 53 AO persönlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftig sind. Die Hilfsbedürftigkeit muss dabei zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen. Zudem werden die Anforderungen an die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit im Rahmen der vergünstigten Wohnraumüberlassung modifiziert. So ist § 53 Nummer 2 AO mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bezüge der Person nicht höher sein dürfen als das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Fünffachen das Sechsfache des Regelsatzes.
Zudem wird der Wortlaut der Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO modifiziert. Körperschaften können ihre Mittel gem. § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO-alt ganz oder teilweise einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig zu erfüllen. Der Wortlaut des § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO-neu enthält nun eine Klarstellung bezüglich des maßgeblichen Zeitpunkts:
Körperschaften können ihre Mittel einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nach dem Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung nachhaltig zu erfüllen.
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